Wenn man bei der Ausbildung von Hunden von Training spricht, denkt man dabei zunächst meist an die Verbesserung der eigentlichen Fähigkeiten, die für eine bestimmte Arbeit oder Sportart benötigt werden. Dies kann beispielsweise das Training der Distanz des Outruns, der Form einer Flankierbewegung oder des Arbeitstempos beim Nach- oder Wegtreiben sein.
Mittlerweile finden aber auch Aspekte der Sportphysiologie, wie das Aufwärm- oder Ausdauertraining immer mehr Beachtung bei der Ausbildung von Hunden. Durch sie wird zwar nicht eine einzelne Fähigkeit verbessert, insgesamt erfolgt jedoch eine positive Beeinflussung der Leistungsfähigkeit des Hundes. Durch ein gezieltes Konditionstraining wird der Hund beispielsweise in die Lage versetzt, länger konzentriert zu arbeiten – auch ein gezieltes Aufwärmen und Abkühlen des Hundes kann seine körperlichen Leistungen verbessern.
Prinzipiell sollte der Hund vor jeder Art von Training (Ausbildung zur Hütearbeit, Ausdauertraining, Training einer bestimmten Hundesportart) beim Tierarzt vorgestellt werden, um Erkrankungen, die dem Training möglicherweise entgegenstehen könnten, auszuschließen (dies gilt insbesondere für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Bewegungsapparates). Umgekehrt kann bei bestimmten Krankheiten vorsichtiges Training sinnvoll sein, um dem Abbau von Muskulatur vorzubeugen und so beispielsweise arthrotische Gelenke länger zu stabilisieren.
EFFEKTE DES AUFWÄRMENSDurch ein gezieltes Warming-up des Hundes kann das Risiko für Verletzungen verringert und seine Leistungsfähigkeit verbessert werden. Zwar verkraften Hunde einen „Kaltstart“ insgesamt besser als der Mensch, da es während der Evolution für ihre Vorfahren von Vorteil war, schnell auf äußere Reize mit Jagd- oder Fluchtverhalten reagieren zu können – dennoch profitieren auch sie von einem Aufwärmtraining: der normale Ablauf einer Jagd von Wölfen oder Wildhunden beginnt auch in der Regel damit, dass das Rudel z.T. über weite Strecken trabend nach Beute sucht, bevor sich die eigentliche Hetze anschließt.
Ein korrektes Aufwärmtraining hat viele positive Effekte zur Folge:
Leider gibt es bisher wenige Studien darüber, wie hoch diese Effekte beim Hund tatsächlich sind – Untersuchungen an Menschen und Pferden haben jedoch gezeigt, dass diese ganz erheblich sein können: nicht aufgewärmte Sprinter laufen etwa 7% langsamer als mit Aufwärmtraining; ohne Aufwärmtraining traten in einer Untersuchung an gesunden Sportlern bei 70% abnorme Veränderungen im EKG auf.
Da die Muskulatur des Hundes eine andere Zusammensetzung von Muskelfasertypen hat als die des Menschen, lassen sich diese Zahlen nicht 1:1 übertragen – dennoch kann man davon ausgehen, dass bei Hunden prinzipiell die gleichen Phänomene ablaufen. Die Anteile der Muskelfasern sind auch innerhalb einer Tierart von genetischen Faktoren abhängig und können darüber hinaus durch gezieltes Training beeinflusst werden.
Muskelfasertypen - weiße, helle, „schnelle“ Fasern (= „Fast-Twitch“) - rote, dunkle, „langsame“ Fasern (= „Slow-Twitch“) => Ausdauerleistung (z.B. bei Langstreckenläufern/Schlittenhunden) |
Hunde benötigen insgesamt weniger Zeit, um ihre Muskulatur aufzuwärmen – umgekehrt hält der Aufwärm-Effekt jedoch bei ihnen auch nur sehr viel kürzer an: je nach Witterung ist der Hund bereits nach 3-5 Minuten wieder „kalt“. Ein Hund sollte daher unmittelbar vor einer erwarteten Belastung (z.B. Start beim Trial) aufgewärmt werden. Bei kaltem Wetter benötigt er außerdem länger, um seine optimale „Betriebstemperatur“ zu erreichen und kühlt auch zwischen zwei Belastungen schneller aus, er muss daher entweder aktiv durch Bewegung oder passiv (Decke/Heizung etc.) warm gehalten werden.
Ein gezieltes Warming-up beinhaltet unterschiedliche Elemente:
Der Hund darf sich beim Aufwärmtraining natürlich nicht überanstrengen, da hierdurch das Gegenteil vom eigentlichen Zweck erreicht wird und das Verletzungsrisiko steigt!
Ein geeignetes Aufwärmtraining kann in der Praxis unterschiedlich aussehen: Der Hund kann spazieren geführt oder durch Jogging aufgewärmt werden, aber natürlich auch am Fahrrad mit zur Weide genommen werden. Viele Besitzer berücksichtigen die Grundsätze des Aufwärmens ohnehin auch schon, ohne sich dessen bewusst zu sein: vor einer Arbeitseinheit oder einem Trial-Start geht man ein Stück mit dem Hund, so dass er sich lösen kann; auf dem Weg zum Vieh oder zum Pfosten versucht man dann, ihn (z.B. durch ein Kommando wie „Look Sheep“) auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Wie der Hund sich dann beim Outrun „einläuft“, kann u.U. jedoch sehr unterschiedlich aussehen: Manche Hunde erreichen schon nach wenigen Metern ihre Endgeschwindigkeit, und Verletzungen bei unübersichtlichen Strecken mit Hindernissen wie Gräben, Hecken oder Zäunen sind hier generell häufiger als bei Hunden, die sich mehr Zeit beim Einhollauf lassen und ihren Weg mehr planen. Auch der Arbeitsstil im Kontakt mit dem Vieh kann sehr unterschiedlich sein: Spektakulär mit schnellen Flanken und liegenden Stopps oder eher weniger aufsehenerregend, dafür aber gelenkschonender mit aufrechtem Stil und sparsameren Bewegungen.
DAS ABKÜHLENNach intensiver körperlicher Anstrengung ist es sinnvoll, den Hund durch ein gezieltes „Cool-down“ abkühlen zu lassen. Eine plötzliche Beendigung einer Belastung kann sonst dazu führen, dass das Blut gewissermaßen in der Muskulatur zurückbleibt bzw. versackt und der Hund dadurch Kreislaufprobleme bekommt. Durch Bewegung in niedriger Intensität wie z.B. Gehen oder Traben wird der Rückstrom von verbrauchtem, sauerstoffarmem Blut aus der Muskulatur zum Herzen aufrechterhalten. Dadurch wird auch der Abtransport von Schlackenstoffen (v.a. Milchsäure) aus der Muskulatur gewährleistet (vgl. „Auslaufen“ von Sportlern, „Trockenreiten“ von Pferden). Eine Abkühlphase hat darüber hinaus auch den Zweck, den Hund „nervlich“ wieder herunterzufahren – dadurch wird auch der Tonus (= Spannungszustand) der Muskulatur gesenkt, und der Hund erhält die Möglichkeit, durch Bewegung Stress abzubauen (v.a. auf Wettkämpfen und in für den Hund neuen Situationen von Bedeutung). Die Dauer des Abkühlens sollte ähnlich lang sein wie die Aufwärmphase; nach spätestens 20 Minuten muss der Hund wieder normale Kreislaufwerte mit einer gleichmäßigen Verteilung der Körpertemperatur und einer Atem- und Pulsfrequenz wie vor der Belastung erreicht haben (am einfachsten ist die Atmung des Hundes zu beurteilen; ist diese wieder normal, kann man davon ausgehen, dass sich auch die übrigen Kreislaufwerte normalisiert haben). Je besser der Trainingszustand eines Hundes, umso schneller erreicht er wieder seine Ruhewerte.
Berücksichtigt man diese Aspekte, wird klar, dass es aus trainingsphysiologischen Gründen nicht sinnvoll ist, einen Hund erst kurz vor einem Lauf aus dem Auto zu holen und direkt danach wieder „wegzupacken“ – ein Hund ist aus körperlicher Sicht einfach leistungsfähiger, wenn er vor einer Belastung aufgewärmt wird, und durch ein ruhiges „Auslaufen lassen“ kann negativen Effekten nach einem Training, Trial oder Arbeitseinsatz vorgebeugt werden (auf Trials oder Seminaren kann die praktische Umsetzung bei einzelnen Hunde, die sich völlig verrückt machen, sobald sie aus dem Auto geholt werden, allerdings schwierig sein). Um ein gezieltes Aufwärmen und Abkühlen ins Training einzubauen, ist also nicht unbedingt ein ausgeklügeltes Sportprogramm nötig; ein Warming-up ist mit wenigen einfachen Übungen möglich und ein Cool-down kann einfach durch einen kleinen Spaziergang erreicht werden.